Was Sie vor, während und nach einer Versteigerung wissen sollten
Der Erwerb einer Immobilie über eine Zwangsversteigerung bietet oft attraktive Chancen – aber auch rechtliche Besonderheiten. Wer gut informiert ist, kann Risiken minimieren und das Verfahren erfolgreich durchlaufen. Hier finden Sie die wichtigsten Grundlagen verständlich zusammengefasst.
Vor der Versteigerung
Wer führt Zwangsversteigerungen durch?
Zwangsversteigerungen finden ausschließlich bei Amtsgerichten statt. Diese veröffentlichen Termine in Amtsblättern, Aushängen vor Ort oder auch über Onlineportale wie www.argetra.de.
Was wird versteigert?
Versteigert wird in der Regel das Grundstück, auf dem ein Gebäude steht – Haus und Grundstück gelten als rechtliche Einheit. Auch grundstücksgleiche Rechte wie Erbbaurechte oder Sondereigentum an Eigentumswohnungen können versteigert werden.
Wo finde ich Informationen zum Objekt?
Beim zuständigen Amtsgericht können Sie:
Versteigerungstermin
Aktenzeichen
Verkehrswert
Eigentümerangaben
Objektbeschreibung einsehen. Wichtig: Notieren Sie sich das Aktenzeichen, es ist der Schlüssel zu allen gerichtlichen Unterlagen.
Ortsbesichtigung
Ein äußerer Eindruck ist unverzichtbar. Häufig geben Nachbarn Auskunft über den Zustand, die Bewohnerstruktur oder ob das Objekt vermietet ist. Innenbesichtigungen sind nur mit Zustimmung des Eigentümers oder auf Einladung durch die Gläubigerbank möglich.
Akteneinsicht
Vereinbaren Sie einen Termin beim Amtsgericht zur Einsicht in:
das Gutachten des Sachverständigen
das Baulastenverzeichnis
den Grundbuchauszug
Achten Sie besonders auf den Unterschied zwischen dem erzielbaren Wert (Gutachtereinschätzung) und dem gerichtlich festgesetzten Verkehrswert.
Ablauf des Versteigerungstermins
Verfahrensphasen
Ein Versteigerungstermin gliedert sich in drei Abschnitte:
Bekanntmachungsteil (Einleitung und Rechtefeststellung)
Versteigerungsgeschäft mit Bietzeit
Zuschlagsentscheidung
Wichtiges zur Bietzeit
Die Bietzeit dauert mindestens 30 Minuten
Gebote müssen mündlich im Termin abgegeben werden
Bietergemeinschaften sind zulässig (z. B. Erbengemeinschaften, Ehepartner)
Sicherheitsleistung
Vor Abgabe eines Gebots kann vom Gericht eine Sicherheitsleistung in Höhe von 10 % des Verkehrswerts verlangt werden. Diese kann z. B. durch Bankbürgschaft, Bundesbankscheck oder vorherige Überweisung erfolgen.
Gebote und Begriffserklärungen
Im Verfahren tauchen viele Fachbegriffe auf – hier die wichtigsten kurz erklärt:
Geringstes Gebot = Mindestgebot inkl. Verfahrenskosten, darf nicht unterboten werden
Mindestgebot = Zuschlag wird verweigert, wenn das Gebot unter gesetzlicher Grenze liegt (z. B. 5/10 des Verkehrswerts)
Meistgebot = Das höchste gültige Gebot, auf das der Zuschlag erteilt wird
Bargebot = Der sofort fällige Baranteil des Gebots (i. d. R. ohne Übernahme von Belastungen)
Gemeinschaftliches Gebot = Gebot durch mehrere Personen – kein Notarvertrag erforderlich, aber eindeutige Vertretung notwendig
Alle Gebote sind verbindlich – ein Widerruf ist nicht mehr möglich, sobald sie ausgesprochen wurden.
Zuschlag und Eigentumsübergang
Nach Abschluss der Bietzeit wird der Zuschlag entweder direkt oder in einem gesonderten Termin erteilt. Der Zuschlag:
bewirkt den Eigentumsübergang
löst die Grunderwerbsteuerpflicht aus
verpflichtet zur Zahlung des Meistgebots innerhalb von 4–6 Wochen
Bereits jetzt sollten Sie eine Gebäudeversicherung beantragen, da mit dem Zuschlag alle Risiken auf Sie übergehen.
Nach der Zwangsversteigerung
Räumung und Besitzübergang
Bewohnt der Alteigentümer das Objekt selbst, kann der Zuschlagsbeschluss als Räumungstitel genutzt werden.
Bei vermieteten Immobilien gelten die üblichen mietrechtlichen Schutzvorschriften – eine Kündigung ist nur bei berechtigtem Interesse (z. B. Eigenbedarf) zulässig.
Ein Sonderkündigungsrecht kann bestehen, ist jedoch eingeschränkt, wenn z. B. Mietvorauszahlungen oder Baukostenzuschüsse im Verfahren angemeldet wurden.